05. Juni 2023
Wildbienen: Weit unterschätzt, aber unverzichtbar
Klein, aber oho! In unserer Region leben rund 600 verschiedene Wildbienenarten. Die Hälfte dieser für unser Ökosystem so wichtigen Insekten steht mittlerweile auf der Roten Liste der gefährdeten Tiergattungen. Wildbienen sind stark bedroht, weil sie spezielle Anforderungen an das Nahrungsangebot und die Nistmöglichkeiten haben und ihr Lebensraum immer weiter schwindet. Sie brauchen ein reichhaltiges, vielfältiges und kontinuierliches Blütenangebot von März bis September in einem Radius von maximal 400 Metern. Ausserdem lieben sie besonnte Ackerrandstreifen und Säume mit Unkräutern oder naturnahe Hecken und Feldgehölze. Die Hautflügler nisten im Erdboden, in Pflanzenstängeln, Altholz, senkrechten Abbruchkanten oder Schneckenhäusern. Die Veränderung unserer Landschaften macht den Wildbienen das Leben schwer. Ohne sie allerdings können auch Bäume, Blumen und Nutzpflanzen nicht existieren.
Friedliche Einzelkämpfer
Anders als die uns wohl bekannte Honigbiene, die in Völkern lebt und die Arbeit unter Königin, Arbeiterinnen und Drohnen aufteilt, ist die Wildbiene eine echte Einzelkämpferin. Das Weibchen allein sorgt für den Nachwuchs, legt ein Nest an, deponiert dort Pollen, Nektar und ein Ei und verschliesst den Nistplatz mit Lehm oder Baumharz. Die Larve kann sich jetzt selbständig entwickeln. Weil sie keinen ganzen Staat mit hunderten Larven und Futtervorräten zu verteidigen hat, ist die Wildbiene friedlich, harmlos und nicht gezwungen, bei Bedrohung zuzustechen. Nur wenige Wildbienen-Arten wie die Hummeln leben sozial und bilden einjährige Völker.
Bei Wind und Wetter
Wildbienen sind vor allem wegen ihrer Bestäubungsleistung für das Ökosystem unverzichtbar. Dabei sind etwa 30 Prozent aller Arten auf bestimmte Pflanzen spezialisiert. Einige erledigen auch besonders schwierige Jobs an Blüten mit tief verborgenem Nektar wie bei Eisenhut und Wiesenklee. Umgekehrt hat sich manche Blüte an spezielle Wildbienen angepasst. So können die einen nicht ohne die anderen. Diese Ko-Evolution bedeutet jedoch: verschwindet eine Bienenart, überlebt auch die entsprechende Pflanze nicht. Als Bestäuber sind die Wildbienen zudem so wertvoll, weil sie im Gegensatz zu ihren Verwandten aus der Honigproduktion selbst früh im Jahr und bei kühler oder schlechter Witterung aktiv sind. Zur Erhaltung der Pflanzenvielfalt sind sie deshalb unentbehrlich. In der Landwirtschaft werden sie vor allem im Obstanbau gebraucht.
Willkommenskultur für Bienen
Jeder und jede kann zum Wildbienenschutz im eigenen Garten oder sogar auf dem Balkon beitragen. Schon ein Rasenstreifen, den man weniger mäht, Saatmischungen mit heimischen Wildpflanzen oder eine Ecke mit ein paar gestapelten Ästen hilft den fleissigen Bienchen. Wer besonders gastfreundlich ist, schafft für die kleinen Nützlinge ein Zuhause in sonnenexponierter, südöstlicher bis südwestlicher Lage in der Nähe von ausreichend Wildblumen. Ein kleines Dach hält Regen ab, spendet aber nicht zu viel Schatten. Die Gäste revanchieren sich mit der Bestäubung und sorgen dafür, dass Pflanzen gedeihen. Zudem vertilgen sie Schädlinge und schützen so die Gewächse.
Bienenhaus fix selbst gebaut
Bienenquartiere lassen sich einfach selbst herstellen und sind noch dazu ein schöner Blickfang. Als Baumaterial dienen zum Beispiel rund acht Zentimeter lange, getrocknete Holunderabschnitte, Rundhölzer von Besen- und Schaufelstielen und zugeschnittene Holzklötze aus unbehandeltem, abgelagertem, entrindetem Hartholz wie Esche, Buche, Hainbuche oder Eiche. Sie werden quer zur Holzmaserung mit Bohrungen von drei bis sechs Millimetern Durchmesser und mit genügend Abstand (mindestens zwei- bis dreifacher Lochdurchmesser) versehen. Die Bohrtiefe entspricht der vollen Bohrerlänge. Die Aufhängung an der Hauswand erfolgt beispielsweise mit zwei Alulaschen. Schnell bezugsfertig sind auch ein paar Dosen gefüllt mit rund 15 cm langen Bambusrohren. Ein Knoten des Bambusrohrs oder Watte schliesst die Behausung ab. Das Einflugloch muss glattgeschliffen sein, damit die empfindlichen Flügeldecken nicht verletzt werden. Da die Naturrohre unterschiedliche Durchmesser haben, werden sich auch verschiedene Arten ansiedeln.